400 Meter sind wie ein Marathon

Alex Pototschnig ist die Nachwuchshoffnung Österreichs in der Para Leichtathletik. Wir haben den 20-jährigen zum Interview getroffen.

Alexander Pototschnig erreichte bei den World Para Athletics Championships 2017 in London das Finale im 200- und 400-Meter-Lauf und erzielte dort 2017 persönliche Bestzeit. (c) ottobock

Am 4. und 5. August finden in Kapfenberg die Österreichischen Leichtathletik-Staatsmeisterschaften für Sportler/innen mit Behinderung statt. Dort treten die besten AthletInnen Österreichs gegeneinander an, um ihre hart trainierten Leistungen zu messen. Für sieben Sportler ist die Meisterschaft der letzte Test vor der EM in Berlin. Einer von ihnen ist Alexander Pototschnig. Der junge Sprinter wurde ohne rechten Unterarm geboren. Derzeit befindet er sich in der Höchstphase seiner Vorbereitungen. Für uns hat er ein paar wertvolle Minuten seiner Trainingszeit geopfert, um sich über den Wettkampf, sein Training und Vergleiche mit unversehrten SportlerInnen zu unterhalten. 

Du arbeitest bei Ottobock und rennst nebenher auf der Leichtathletikbahn persönliche Bestzeiten. Wie wichtig ist der Sport für dich als Ausgleich?
Ausgleich ist es eher weniger. Es begleitet mich den ganzen Tag. Ottobock ist ja einer der Hauptsponsoren der Paralympics und somit nehme ich das auch mehr oder weniger ins Berufsleben mit. Deshalb ist es jetzt mein ganzes Leben.

Wie wichtig ist dir dabei der Wettkampfgedanke?
Mir ist das sehr wichtig. Ich geh nicht einfach zu Wettkämpfen und mache meine Zeiten. Wenn ich schlechte Leistungen bringe, kann ich mich schon darüber ärgern und denke mir, dass ich mehr trainieren muss. So wie es üblich ist im Sport.

Welche Wettbewerbe wirst du abgesehen von der Staatsmeisterschaft in der nächsten Zeit absolvieren?
Ende August findet die EM in Berlin statt, die ist mein großes Ziel für heuer. Der nächste Meilenstein werden dann die paralympischen Spiele in Tokyo 2020 sein. Der ÖBSV ist bei so großen internationalen Veranstaltungen auch immer dabei und unterstützt uns sehr. Das ist eine große Hilfe.

Wie intensiv bereitest du dich derzeit auf die Staatsmeisterschaft vor?
Ich trainiere jeden Tag meine anderthalb bis zwei Stunden. Jetzt im Sommer sind es häufiger Lauf- und Schnelligkeitstrainings – das ist sehr intensiv.

Wie trainierst du außerhalb der Wettkampfsaison?
Im Winter habe ich immer Aufbautraining, das ist noch intensiver. Das sind dann längere Läufe und schweres, ausdauerndes Krafttraining. Auf den Sommer hin wird es immer schneller und wir trainieren mehr Starts. 

Vergleichst du deine Ergebnisse manchmal mit denen von unversehrten Athleten?
Direkt vergleichen kann man es nicht. Es ist schon ein Unterschied da, mir fehlt am rechten Arm ziemlich viel Schwungmasse, dadurch ist meine Schrittlänge automatisch kleiner. Aber ja, meistens orientiere ich mich an den Zeiten der normalen Sportler. Diese Zeiten sind für einen Behindertensportler zwar nicht erreichbar, es spornt mich aber an.

Welches ist deine Lieblingsdisziplin?
Am liebsten sind mir 100 Meter, am wenigsten mag ich 400 Meter. Die sind ziemlich anstrengend (lacht). Vor allem nach den 400 Metern bist du am Anfang ziemlich kaputt, aber danach denk ich mir meistens: war ziemlich geil. Das ist die Disziplin, in der ich am besten bin.

Und trotzdem sind dir die 100 Meter lieber?
Ja, denn vor den 400 Metern ist der Respekt größer. Die Distanz fühlt sich manchmal an wie ein Marathon. Am Ende der Distanz spürst du, wie Beine und Lunge brennen.

Was ist so kurz nach der Fußball-Weltmeisterschaft deine Botschaft an Menschen, die sich für Behindertensport interessieren, aber noch nicht den richtigen Zugang gefunden haben?
Es ist eigentlich nicht anders wie beim normalen Sport. Es ist schön zu sehen, was die Leute aus ihrem Leben machen und was alles möglich ist  - trotz oder wegen einer Beeinträchtigung. Also am besten sich selbst ein Bild davon machen – vielleicht schon am 4. und 5. August in Kapfenberg bei den Staatsmeisterschaften.