"Dankbar in einem Land zu leben, wo eigentlich alles funktioniert - besonders im medizinischen Bereich"

Mittlerweile sind auch im Behindertensport die Leistungen auf höchstem sportlichen Niveau. Doch welche Bedeutung hat die sportmedizinische Betreuung für sportliche Menschen mit Behinderung? Zum Abschluss der Paralympics fragten wir kurz bei der Teamärztin des Österreichischen Paralympischen Teams in Rio, Dr. Michaela Mödlin, nach.

Dr. Michaela Mödlin, ist hauptberuflich Fachärztin am Institut für Physikalische Medizin und Rehabilitation im Wilhelminenspital der Stadt Wien sowie u.a. Beirätin Behindertensport in der Österreichischen Gesellschaft für Physikalische Medizin und Rehabilitation (ÖGPMR) und sehr engagierte Verbandsärztin des Österreichischen Behindertensportverbands.

Die Paralympics sind zu Ende, Ihre Eindrücke?

M. Mödlin: Einfach toll, was dieses Land trotz ganz anderer wirtschaflicher Bedingungen auf die Beine gestellt hat. Wir waren sehr gut untergebracht und das Paralympische Dorf hatte alles, was schon bei früheren Spielen zur Verfügung gestellt wurde. Sportlich wird es immer professioneller, man hat unglaubliche Einzelleistungen gesehen. Wir waren als Team gut und breit aufgestellt, um mit allen möglichen Problemen klar zu kommen. Die Zusammenarbeit mit Fachärzten und Partner-Krankenhäusern vor Ort war gut organisiert und jederzeit gewährleistet.

Welche besonderen sportmedizinischen Herausforderungen können Sie uns nennen?

M. Mödlin: Neben den ganz banalen Problemen wie Verkühlungen gibt es natürlich sehr behinderungsspezifische Probleme, mit denen man umgehen können sollte - z.B. Druckstellen und Harnwegsinfekte bei Querschnittlähmungen, Veränderungen im Bereich des vegetativen Nervensystems bei hohen Querschnittlähmungen mit Auswirkungen z.B. auf den Blutdruck - oder Spastik und ihre Auswirkungen,... Aber viele Probleme unterscheiden sich nicht von denen im Nicht-Behindertensport.

Welche Bedeutung hat Sport eigentlich bei einer Körperbehinderung?

M. Mödlin: Sport ist für Behinderte und für Nicht-Behinderte gleich wichtig! Auch sind die Motive für Sport oft ähnlich, wenn nicht die gleichen. Zum einen steht der Aspekt der Gesundheit im Vordergrund, denn auch Menschen mit Behinderung wollen fit und gesund sein oder bleiben. Bewegung und Sport ist präventiv einfach wichtig. So werden mit Bewegung und Sport verschiedenen internistischen oder orthopädischen Problemen vorgebeugt. Nicht zu vergessen die Faktoren Vergnügen, Freizeitaktivität und Spass, aber auch der Wunsch, sich in sportlichen Wettkämpfen messen zu können, ist von größter Bedeutung.

Der Zugang zum Sport ist aber oftmals ein anderer!

M. Mödlin: Ja, Menschen mit Behinderung haben oftmals in den Rehabilitationszentren den ersten Konkakt zum Behindertensport. Man lernt seine Bewegungsmöglichkeiten sowie welche Sportarten mit der Behinderung möglich sind kennen. Ebenso gibt es die Möglichkeit, diese Sportarten oder anfänglich Bewegungsabläufe unter fachkundiger Anleitung erlernen zu können.

Was nehmen sie von Rio mit?

M. Mödlin: Im Moment noch schwer zu sagen. Ich und wahrscheinlich viele andere nehmen wahnsinnig viele Eindrücke mit nach Hause. Wieder einmal das beeindruckende bei den Spielen ist die Tatsache, wie friedliches Neben- und Miteinander verschiedener Kulturen und Menschen möglich ist. Die Fröhlichkeit und Freundlichkeit der Cariocas. Aber auch eine gewisse Dankbarkeit in einem Land zu leben, wo eigentlich alles gut funktioniert - besonders im medizinischen Bereich.

Bildquelle: ÖPC/Franz Baldauf;