Fachtagung „Inklusion und Behindertensport – Chancen und Herausforderungen“ - ein Resümee

Rund 80 Personen nahmen am 24. und 25. November im Seminar- und Veranstaltungszentrum Catamaran an einer Fach- und Trainertagung zum Thema „Inklusion und Behindertensport – Chancen und Herausforderungen“ teil. Zur Tagung kamen Akteure der Behindertensportarbeit, aber auch Referentinnen und Referenten verschiedener Sporteinrichtungen. Im Sinne der Bedeutung der verschiedenen Inklusions- und Integrationsansätze wurden zahlreiche Themenbereiche und Perspektiven aus Theorie und Praxis beleuchtet. BSO-Präsident Rudolf Hundstorfer, als ehemaliger Sozialminister mit den Belangen von Menschen mit Behinderung vertraut, nutzte die Gelegenheit die Tagung zu eröffnen. „Die vielen interessanten Ansätze und Themen dieser Tagung werden uns ermöglichen neue Einblicke in den Behindertensport zu bekommen. Alle Beteiligten haben auch die Chance näher zusammen zu rücken, um das Potential des Behindertensports weiter zu entwickeln und vor allem Menschen mit Behinderung vermehrt sportliche Möglichkeiten zu eröffnen“.

„Es gibt viele Chancen und Möglichkeiten Menschen mit Behinderung vermehrt sportliche Möglichkeiten zu eröffnen – aber auch Herausforderungen“

11 Tagungspunkte, 12 Referenten – regionale, nationale und internationale Perspektiven und Ansätze

Die Themenfelder an den zwei Tagungstagen boten den Interessierten zahlreiche Ansatzpunkte aus theoretischer sowie praktischer Sicht. Diese wurden in Referaten mit folgenden Schwerpunkten aufgegriffen: Inklusion im und durch Sport (Mag. Andrea Scherney), Paralympics und internationale Strukturen (Mag. Petra Huber), Inklusion und Fachverbände (Mag. Walter Pfaller), Erfahrungen aus Deutschland zum Inklusionsindex (Kristine Gramkow), Barrierefreiheit (Florian Szeywerth), Inklusion und Behindertensport in der Praxis (Mag. Margit Straka und Matias Costa), Inklusion und Sport in Steirischen Schulen (Dr. Heinz Tippl) sowie im Zuge der Trainertagung Grundstandards sportlicher Leistung und Bewegung im Behindertensport (Dr. Alexander Keck), Ausdauertraining im Rollstuhlbereich und Besonderheiten der Autonomen Dysreflexie (Dr. Christoph Etzlstorfer), Skills / Anforderungen für Trainerinnen und Trainer im Behindertensport (Johann Knoll) sowie Forschung und Technologie im Behindertensport (DI(FH) Stefan Litzenberger).

Die UN-Behindertenrechtskonvention, welche am 13. Dezember 2006 von der UN-Generalversammlung beschlossen wurde und seit 26. Oktober 2008 in Österreich in Kraft ist, verpflichtet alle Staaten Menschen mit Behinderungen, die gleichberechtigte und uneingeschränkte Teilnahme an allen Bereichen der Gesellschaft zu gewährleisten – ein Meilenstein. Damit ist das Ziel vorgegeben, eine flächendeckende Umsetzung der Inklusion - so auch im Sport - zu erreichen. „Das sportliche Tun in allen Bereichen des Sports bietet vielfältige Möglichkeiten, Barrieren abzubauen, neue Blickwinkel zu erkennen sowie den Horizont zu erweitern“, so Mag. Andrea Scherney in ihrem einleitenden Vortrag. „Die unzähligen Begegnungen ermöglichen verschiedene Welten kennen zu lernen, Verständnis, Offenheit und Toleranz zu fördern, Ängste sowie mögliche Vorbehalte abzubauen. Eine Win-win-Situation.“ Mit der Umsetzung dieses Inklusionsprozesses stehen wir – nach den Phasen der Exklusion sowie Separation und Integration, die noch bis heute andauern - einige Jahre danach auch im Sport noch in vielen Bereichen am Anfang. Der inklusive Ansatz verfolgt nun jenen Weg, dass sich Rahmenbedingungen des Sports (Regulative, Strukturen, Barrierefreie Sportstätten …) ändern, damit alle Mitglieder der Gesellschaft, auch Menschen mit Behinderung, einen gleichberechtigten selbstverständlichen Zugang zu Sport und Bewegung vorfinden. Inklusion ist kein Ereignis, Inklusion ist ein enorm langer Prozess, der im Breiten- und Freizeitsport leichtere Wege als im Spitzen- bzw. Wettkampfsport vorfindet. So wie u.a. Technik für viele Menschen mit Behinderung das „Tor zur Welt“ und ein Motor zur Inklusion ist, so kann auch der inklusive Ansatz von Bewegung und Sport Menschen aller Kulturen und Religionen zusammen führen.

Die Paralympics zählen seit LONDON 2012 nach den Olympischen Spielen und der Fußball Weltmeisterschaft zur weltweit drittgrößten Sportveranstaltung. International liegt die Organisation des paralympischen Sports beim 1989 gegründeten Internationalen Paralympischen Committee (IPC), dem das Vorantreiben des Inklusionsgedankens ein zentrales Anliegen ist. War das IPC ursprünglich die Dachorganisation für eine Vielzahl paralympischer Sportarten, wird seit 2003 das langfristige Ziel der Autonomie der Sportarten - die Inklusion – verfolgt, sowie seit 2006 eine Initiative zur Förderung der Entwicklung zur Selbständigkeit der einzelnen paralympischen Sportarten in den Fachverbänden vorangetrieben. Zunehmend wird im Sinne der Inklusion die Kooperation zwischen dem IPC und dem Internationalen Olympischen Committee (IOC) vertieft. Den ersten großen Schritt machte dabei im Jahr 2001 eine Vereinbarung zwischen dem IPC und dem IOC, welche besagt, dass die Paralympischen Spiele immer im Anschluss an die Olympischen Spielen an denselben Wettkampfstätten abgehalten werden und sich eine Austragungsstadt um die Olympischen und Paralympischen Spiele bewerben muss. Die Vereinbarung zwischen IPC und IOC für weitere strategische Kooperationen und Partnerschaften ist inzwischen bis 2032 fortgesetzt worden.

National wurde die Einarbeitung der Inklusionsbestrebungen im Österreichischen Sport mit dem Bundessportförderungsgesetz 2013 (BSFG) beschlossen, ein Prozess, der wie viele Ansätze, nur mittelfristig und gemeinsam gedacht und umgesetzt werden kann.

Insgesamt ist eine fortschreitende Professionalisierung im internationalen Spitzensport von Menschen mit Behinderung festzustellen. Aufgrund der zeitlichen Anforderungen im Training und Wettkampf sind Systeme der dualen Karriere notwendig. Förderung von AthletInnen im Behindertenspitzensport findet man in Österreich durch den Zollkader des BMF (seit 2008) mit der Individualförderung der Österreichische Sporthilfe (seit 2012) und dem Spitzensportförderungsprogramm „Projekt RIO 2016“ des Sportministeriums (2014), sowie durch die Schaffung von Plätze in den Heeressportzentren (seit 2016). „Der Paralympische Sport hat sich in den letzten Jahrzehnten enorm entwickelt. So wird nicht nur das Sportprogramm laufend weiterentwickelt, auch die nationale und internationale mediale Präsenz  in TV, Print- und Onlinemedien, sowie in den Social Media Kanälen hat sich in den letzten Jahren deutlich gesteigert“, so Mag. Petra Huber, Generalsekretärin des Österreichischen Paralympischen Committees (ÖPC). Sportliche Leistungen von AthletInnen mit Behinderung werden nicht mehr nur als Randnotiz wahrgenommen. Die kommenden Paralympics lassen erneut Großes hoffen: in PYEONGCHANG 2018 werden 6 Wintersportarten ausgetragen, 22 Sommersportarten stehen in TOKIO 2020 am Programm.

Im folgenden Vortrag wurde von Mag. Walter Pfaller Ansätze, Problemfelder und Befunde des Behindertensports und Inklusion im Speziellen im Zusammenhang mit den Sportfachverbänden und den zuständigen „verantwortlichen“ Einrichtungen kritisch andiskutiert. Inklusion, welche nun mit dem Bundes-Sportförderungsgesetz 2013 gesetzlich gefordert wird, muss nun von allen Seiten akzeptiert werden. Waren es im Jahr 2015 noch 9-10, 2016 schon 20 Sportfachverbände, die auf den Zug der Inklusionsbestrebungen aufgesprungen sind, so werden es 2017 bereits 22-23 sein. Hier stellen sich nun vor allem folgende Fragen: Wie verändern sich die verschiedenen Rollen? Welche Rolle spielen in Zukunft die nationalen Player im Bereich des Behindertensports? Wie kommen die Sportfachverbände mit dieser Situation klar? Wie gestaltet sich in Zukunft die Verteilung der finanziellen Mittel? Im Speziellen kann dies nur heißen, dass die verantwortlichen Einrichtungen, wie BSFF, BSO, ÖBSV, ÖPC und die Sportfachverbände gemeinsam diesen Weg bestreiten. Von Seiten der Sportfachverbände sollte daher unabhängig von der Bundessportförderung auch ein Solidarbeitrag in der Höhe von z.B. 3% für den Behindertensport angedacht werden. Gemeinsam muss ein Modell gefunden werden den Behindertensport im Sinne der Inklusion weiterzuentwickeln. Kernfragen dabei sind vor allem die Aufgabenverteilung sowie die Finanzierung, im Speziellen die Akquise von Menschen mit Behinderung für den Sport, die Sportartentwicklung sowie das Schaffen von sporttauglichen Rahmenbedingungen (Material, Aus- und Weiterbildung, Forschung, Sportwissenschaft,…) im Bereich des Breiten- und Spitzensports.

„Inklusion ist für uns der Anspruch, die selbstbestimmte, gleichberechtigte und gleichwertige Teilnahme und Teilhabe von Menschen mit und ohne Behinderungen im und durch Sport zu ermöglichen…“, aus „Inklusion leben, gemeinsam und gleichberechtigt Sport treiben“ – Positionspapier des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) und der Deutschen Sportjugend (dsj) zur Inklusion von Menschen mit Behinderungen. Besonders in Vereinen können Menschen mit und ohne Behinderung beim Sport ihre Fähigkeiten unter Beweis stellen und Anerkennung erfahren. Der „Index für Inklusion im und durch Sport – Ein Wegweiser zur Förderung der Vielfalt im organisierten Sport in Deutschland“ des Deutschen Behindertensportverbandes (DBS) unterstützt dieses Anliegen und enthält Wegweiser zu theoretischem und praktischem Hintergrundwissen sowie einen Fragenkatalog zur Überprüfung der Vereinssituation. Ein wichtiger Ansatz für die Entstehung des genannten Indexes war der „Index für Inklusion – Lernen und Teilhabe in der Schule der Vielfalt entwickeln“. „Wir wollen die Menschen mit Behinderung zum Sport motivieren, ihnen die positiven Chancen aufzeigen und am besten, dort wo sie es möchten“, so Kristine Gramkow. Stv. Direktorin in der Abteilung Sportentwicklung im DBS in ihrem Vortrag. „Der vorliegende Index soll informieren, sensibilisieren, Neugier wecken, Kreativität fördern und einen Dialog im Sportverband oder Sportverein weiter anstoßen.“

Die Ausübung von Sport, so auch der Behindertensport, ist abhängig von geeigneten Sportstätten. Dies betrifft nicht nur Sportanlagen wie u.a. Sporthallen, Sportplätze, Tennisplätze, Schwimm- oder Eishallen, sondern auch für Bereiche des öffentlichen Raumes, die zwar für den Sport genutzt werden, aber meist für andere Zwecke geschaffen wurden. Für den Sport, insbesondere für den Behindertensport, ist es wichtig neben dem quantitativ vorhandenen Sportstättenangebot auch qualitativ hochwertige Sportstätten anzubieten die den Standards für barrierefreies Bauen entsprechen. Florian Szeywerth, Referent im Österreichischen Institut für Schul- und Sportstättenbau (ÖISS), beschäftigte sich daher in seinem Vortrag mit dem wichtigen Thema „Barrierefreiheit“ und den wichtigsten Normen und Richtlinien (u.a. ÖNORM B 1600, "Barrierefreie Sportstätten“, Anforderungskatalog „Barrierefreie Fußballstadien“). „Den Verantwortlichen muss bereits im Vorfeld bewusst sein welche Themen beim barrierefreien Bauen überhaupt zu beachten sind! Durch dieses Bewusstsein können dem Planer bereits in einer frühen Projektphase die richtigen Fragen gestellt werden. Es geht darum den Zugang zum Sport für alle Menschen möglich zu machen. In der Planung von Sportstätten muss vor allem auf die Zielgruppen Zuschauer und Aktive geachtet werden, um so funktionale Lösungen für alle Nutzergruppen zu finden“, so Florian Szeywerth.

Mit Mag. Margit Straka tauchten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in die Praxis des Behindertensports ein, kann doch die Spartengründerin von „ASKÖ LV WAT Integration und Behindertensport“ auf 25 Jahre Praxis zurückblicken und aufbauen. Ausgehend von der Tatsache, dass um 1991 nur homogene Behindertensportvereine vorhanden waren und zu dieser Zeit der Beginn der Integrationsbewegung in der Schule verortet werden kann, berichtete Margit Straka ausführlich über ihrer Erfahrungen. Im Mittelpunkt standen dabei drei mögliche Wege zu einer integrativen Gruppe: Integration von Menschen mit Beeinträchtigung in eine Nichtbehindertensportgruppe, Integration von nicht behinderten Menschen in eine Behindertensportgruppe sowie Sportgruppen ausgeschrieben für beide Zielgruppen (=inklusiver Ansatz). Die Vorstellung von Projekten wie u.a. „Athletics light“ des Wiener Stadtschulrates, „Para School Games“ des Wiener Behindertensportverbandes (WBSV) sowie Wiener Behindertenschwimm-Meisterschaft (inklusiver Wettkampf auf Leistungsniveau) rundeten den Vortrag ab. „Es geht um die Überwindung von Isolation, d.h. um Erhöhung der Teilhabe von Menschen mit Beeinträchtigung im Sport. Dazu gehören verschiedene Aufgaben, um dieses Ziel zu erreichen. Neben der Schaffung des Bewusstseins, dass Menschen mit Beeinträchtigung ein Anrecht auf eine größtmögliche Teilhabe am Sport haben, müssen daher u.a. auch die notwendigen Rahmenbedingungen, wie Barrierefreiheit, die Ausbildungsmöglichkeiten, Unterstützungsmaßnahmen sowie notwendige Mitteln angedacht und organisiert werden“, so Margit Straka.

„Fußball verbindet“, so könnte man den nächsten praktischen Ansatz beschreiben. Matias Costa, u.a. Fußballreferent des WBSV, berichtete über das Inklusionsprojekt „SK Rapid Wien Special Needs Team“, welches 2014 von Rapid Wien in Kooperation mit dem Wiener Behindertensportverband in Leben gerufen wurde. Das Team besteht aus mittlerweile über 20 Spielern im Alter von ca. 16-35 Jahren, wobei die Akteure sowohl körperliche, als auch geistige Defizite Beeinträchtigung haben. Über gemeinsame Trainingseinheiten werden auch Nachwuchsspieler des SK Rapid Wien sowie Spieler des Special Needs Teams zusammen geführt und somit der Inklusionsgedanke gelebt. Neben nationalen und internationalen Turnieren kommt man einmal in der Woche im Beisein des grün-weißen Trainerteams rund um Nachwuchstrainer Jürgen Kerber (Nachwuchsakademie U14) und Matias Costa (Fußballreferent des WBSV) und Dominik Formann (ein ehemaliger Nachwuchs- und Akademiespieler Rapids) zusammen, um gemeinsam zu trainieren. Geschäftsführer SK Rapid Wirtschaftsbetriebe, Werner Kuhn, sowie die Schirmherren des Teams Präsident Michael Krammer und Geschäftsführer Christoph Peschek sowie Akademie Leiter Peter Grechtshammer sind treibende Kräfte, Wegbegleiter und Förderer des Projektes.

„Inklusiver Sport bedeutet Sport für alle und mit allen, ohne jemanden auf Grund von körperlichen oder geistigen Defiziten vom Sport auszuschließen. Inklusiver Sport bringt Schülerinnen und Schüler mit und ohne Behinderungen zum gemeinsamen Training und Wettkampf in verschiedenen Sportarten zusammen“, so Dr. Heinz Tippl in seinem Vortrag. So wurden seit 2003 bis heute über 100 inklusive Sportveranstaltungen mit Unterstützung und Begleitung des BISI (Bildungsinitiative für Sport und Inklusion. Verein zur Förderung der Nachhaltigkeit von Bildung, Sport und Inklusion) organisiert und mehr als 10.000 Schülerinnen und Schüler mit ihren Lehrerinnen und Lehrern theoretisch und praktisch zum Thema Inklusion und Sport erreicht. Für das Schuljahr 20176/2017 sind 16 inklusive Sportveranstaltungen geplant und zum Teil bereits durchgeführt (www.inklusionssport.at).

Dr. Alexander Keck ging in seinem Referat „Grundstandards sportlicher Leistung und Bewegung im Behindertensport“, ausgehend von der Definition sportlicher Leistungsfähigkeit, auf Punkte wie Leistungsstandards, medizinische Eignungstestung - Sporttauglichkeit - Klassifizierung, Adaptionsprozesse – Training – Wettkampf – Leistung sowie der Erfolgsentwicklung im paralympischen Sport (Belastbarkeitsabsicherung) ein. Unterschiede sowie Einschränkungen der Leistungsfähigkeit im Behindertensport können anatomische, physiologische, anthropometrische, sensorische, psychoregulative und auch regenerative Gründe, Auswirkungen und Ursachen haben. So ist beim medizinischen Eignungstest nicht nur auf die Erhebung des Gesundheitsstatus, sondern auch auf die Erhebung der körperlichen und intellektuellen Einschränkungen, des momentanen Belastbarkeitsstatus, dem Abgleich der Belastbarkeit mit dem Anforderungsprofil sowie eine Prognose und Einschätzung der Tauglichkeit für die jeweilige Sportart oder Disziplin vonnöten. Im Bereich der Klassifizierung stehen die Erhebung der psychophysischen Einschränkungen des Organismus sowie die folgende Einteilung in Sportklassen und eine laufende Kontrolle des Zustands der Behinderungen im Mittelpunkt des Interesses. Daraus resultierend sind internationale Erfolge im Behindertensport nur mehr durch Individualisierung des Trainingsprozesses, einer Spezialisierung auf bestimmte Disziplinen und eine Professionalisierung des Sportbetriebes sowie des Umfeldes auf einen langfristigen Leistungsaufbau möglich.

Ausgehend vom persönlichen Bezug zum Behindertensport gab Dr. Christoph Etzlstorfer spezielle Einblicke in das „Ausdauertraining im Rollstuhlbereich und Besonderheiten der Autonomen Dysreflexie“. Basierend auf die unterschiedlichen Ursachen (u.a. Querschnittslähmung, Amputationen, Cerepral-Paresen,…) im Rollstuhl zu sitzen, wurden die vielfältigen Möglichkeiten des Ausdauertrainings im Behindertensport dargestellt. Ausdauertraining kann man alleine oder in der Gruppe durchführen, mit dem Normalrollstuhl, Rennrollstuhl, Handbike, Langlaufschlitten, durch Schwimmen usw., aber auch bei Basketball oder Rugby verbessert sich die Ausdauer. Man kann auf der Straße oder auf Radwegen, auf der Laufbahn oder bei Schlechtwetter auf einer Trainingsrolle mit dem Rennrollstuhl oder dem Handbike fahren. Verbunden damit ist bei Tetraplegikern die Gefahr einer autonomen Dysreflexie. Das bedeutet, dass bei voller Blase oder Schmerzreizung im gelähmten Teil des Körpers der Blutdruck steigt, der Puls sinkt, man zu schwitzen beginnt oder auch Gänsehaut bekommt. Im Weiteren können starke Kopfschmerzen hervorgerufen werden. Bei Paras oder Amputierten lässt sich das Ausdauertraining ganz normal über den Puls steuern. Neben speziellen Informationen und Gedanken zu den großen Feldern der Leistungsdiagnostik und Physiologie gab Etzlstorfer auch Einblicke in die enorme Leistungsfähigkeit nationaler und internationaler Handbiker.

Eine unverzichtbare und ohne Zweifel bedeutende Rolle im Umfeld von Athletinnen und Athleten, Sportlerinnen und Sportlern, insbesondere im Behindertensport, spielt der Trainer. Können wir schon im Regelsport in Österreich kaum von einem ausreichenden und flächendeckenden Angebot an Trainern sprechen, so ist auch im Behindertensport das Angebot an Trainern enden wollend. Neben der Quantität müsste man in der Frage des Trainers natürlich auch die qualitativen Aspekte (Gütekriterium Aus- und Weiterbildung), das Entlohnungssystem (Jobmöglichkeiten), wie auch mögliche Anreize wie Auszeichnungen und Prämien ansprechen. Auch im Behindertensport muss man sich daher mit folgenden Fragen auseinandersetzen: Was macht einen guten Trainer aus? Was sind so die speziellen Anforderungen im Parasport? Was gibt es für Ausbildungsmöglichkeiten? Wie kann man erlerntes Knowhow oder Erfahrungen in den verschiedenen Bereichen des Trainerjobs anwenden? Zu all diesen Fragen vermittelte Johann Knoll, selbst rund 15 Jahre im Behindertensport, speziell im Tischtennissport tätig, seine Erfahrungen und spezielle Informationen.

Auf der Fachhochschule Technikum in Wien werden seit 2002 im Studiengang Sportgerätetechnik (Sports Equipment Technology) SporttechnologInnen ausgebildet, die dann vor allem in größeren oder kleineren Sportartikelfirmen unterwegs sind, um evtl. Sportartikelfirmen, bei Verbänden und Forschungsinstituten... verschiedene Produkte zu entwickeln. „Die vielfältigen Tätigkeiten der Sports Technology, Entwicklung, Prüfung und Optimierung von Sportgeräten sowie deren Zusammenspiel mit Sportlerinnen und Sportler, stehen dabei im Mittelpunkt“, so Stefan Litzenberger. Die Sports Technology und deren Tätigkeiten finden daher nicht nur in den Bereichen des Breiten- oder Spitzensports, sondern auch im Behindertensport seine Anwendung. Technology im Sport - auch im Behindertensport - hat viele Ziele, so u.a. die Zusammenhänge zwischen Biomechanik und Technik anzuwenden, Sportgeräte (Laufschuh, Handbike, Rollstuhl,…) zu entwickeln, zu adaptieren, zu ergänzen und zu optimieren, komplexe technische und biomechanische Problemstellungen zu lösen sowie produktbezogene Materialkonzepte (Prothese,…) zu erstellen. Die Sporttechnologie kann u.a. Leistung oder Performance objektiv kontrollieren, nicht nur im Wettkampf, sondern vor allem im Training mit Sensoren und daraus seine Schlüsse ziehen. Dies betrifft alle Behinderungsgruppen. So kann man auch im Blindensport technologisch einwirken, in dem man z.B. einen Bewegungsablauf durch ein akustisches oder haptisches Feedback versucht zu verbessern. So können technische Geräte den Trainingsalltag auch im Behindertensport vereinfachen und den Aktiven etwas unabhängiger von seiner Umgebung machen.

Die Referentinnen und Referenten (in der Reihenfolge der Fachtagung):

Mag. Andrea Scherney
u.a. Sportdirektorin/Sport Österreichischer Behindertensportverband (ÖBSV), 3-fache Goldmedaillengewinnerin, Lehrbeauftrage;

Mag. Petra Huber
u.a. Generalsekretärin/Österreichisches Paralympisches Committee (ÖPC);

Mag. Walter Pfaller
u.a. Geschäftsführer LSO und Olympiazentrum Salzburg/Rif, Lehrbeauftragter Behindertensport, Präsident des IWBF Europe;

Kristine Gramkow
Stv. Direktorin in der Abteilung Sportentwicklung im Deutschen Behinderten Sportverband (DBS);

Florian Szeywerth
Referent im Österreichischen Institut für Schul- und Sportstättenbau (ÖISS), u.a. Schulbau, ÖISS-Zeitschrift;

Mag. Margit Straka
u.a. Vizepräsidentin Sport Österreichischer Behindertensportverband (ÖBSV), gf. Vizepräsidentin des Wiener Behindertensportverbandes (WBSV);

Matias Costa
u.a. Sport/Projektmanagement Sport Österreichischer Behindertensportverband (ÖBSV), Inklusionsansprechpartner Radsport, Ansprechpartner für Fragen Behindertensport und Fußball;

Dr. Heinz Tippl
u.a. Schulprogramme Special Olympics Österreich (SOÖ);

Die Referenten (in der Reihenfolge der Trainertagung):

Dr. Alexander Keck
u.a. Sportmediziner, Facharzt für innere Medizin und medizinische Leistungsphysiologie, Projektbegleiter Team Rot-Weiss-Rot (TRWR), Betreuer Behindertensport und Schwimmen;

Dr. Christoph Etzlstorfer
u.a. staatlicher Trainer, Paralympics sowie WM- und EM-Medaillengewinner;

Johann Knoll, BSc
u.a. Büroleiter Sport/Breitensport Sport Österreichischer Behindertensportverband (ÖBSV), Bundestrainer Para Tischtennis (ÖTTV);

DI(FH) Stefan Litzenberger, MSc
Stv. Studiengangsleiter BSc Sports Equipment Technology (FH Technikum Wien, University of Applied Sciences);