Geboren für den Motorsport

Markus Pösendorfer ist Rollstuhlfahrer – und begeisterter Motorsportler. Eine Story über PS, technische Innovationen und tausende Wüstenkilometer.

Foto (c) Jatin Verma

Geboren für den Motorsport. Das trifft nicht auf viele Menschen zu, auf Markus Pösendorfer aber umso mehr. Der Steirer hat Benzin im Blut, sein Lieblingssound ist das Motorengeräusch seines KTM-Quads. Dabei begann die zunächst nicht auf Rennsiege fokussierte Motorsportkarriere des Vasoldsbergers, der im Sommer 2020 seinen 37. Geburtstag feiert, auf zwei Rädern. Beim Motocross holte sich der Sportler jene Portion Adrenalin, die das Leben schöner macht, ehe ein Moment im Jahr 2009 vieles veränderte.

"Die meisten Menschen, die mich heute im Rollstuhl sehen, denken sofort an einen Motorrad-Unfall. Es war jedoch anders: Ich wurde als Beifahrer bei einem Autounfall querschnittgelähmt", so der Steirer. Dem Motorsport ist er dennoch treu geblieben. Grund dafür ist sein Sohn Pascal, dem Pösendorfer seine Leidenschaft vererbt hat. Nachdem der Teenager selbst Motocross-Rennen fährt, ergab sich durch den Unfall folgende Problematik: Mit dem Rollstuhl kommt man auf Offcross-Strecken aufgrund fehlender Barrierefreiheit nicht weit. Für Papa Pösendorfer wurde schnell klar: Ein fahrbarer Untersatz für unebenen Untergrund muss her, ein Quad wurde angeschafft.

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Technische Optimierungen sorgten nach und nach dafür, dass jede einzelne der 80 PS aus dem Motor herausgekitzelt wird. Elementar war die individuelle Anpassung der Sitzfläche, schildert Pösendorfer: "Durch die Querschnittlähmung hat sich meine Muskulatur an Beinen und Gesäß stark zurückgebildet. Während eines Rennens verbringe ich aber lange Zeit auf dem Sitz, er ist das Herzstück des Ganzen."

Modernste Technik sorgt für höchstmöglichen Komfort: "Mein Gesäß wurde in Rennmontur per Laser mit einem Spezialcomputer vermessen und das Resultat in Schaumstoff gefräst. Dadurch entstehen viel weniger Druckstellen. Das bedeutet weniger Schmerzen und eine bessere Performance."

Weitere Features helfen ebenfalls: "Meine Oberschenkel binde ich mir mit einem Gurt zusammen, damit ich in Position bleibe und in den Kurven oder Sprüngen nicht aus dem Sitz rutsche. Dann brauche ich einen Schaltautomaten. Das Quad hat keine Automatik, ich muss ganz klassisch schalten und kuppeln. Dadurch, dass ich das mit dem Fuß nicht machen kann, habe ich links zwei Knöpfe mit einem elektromagnetischen Schaltzylinder, der auf Knopfdruck rauf- oder runterschaltet und so die Fußbewegung simuliert."

Foto (c) Niki Perr

Das Pösendorfer-Power-Paket passt, er tastet sich kontinuierlich an seine Leistungsgrenzen heran. "Nach ein, zwei Jahren habe ich gemerkt: Du kannst richtig schnell fahren mit dem Ding. Freunde habe mich dann motiviert, an Rallye-Raids teilzunehmen. Hier werden weite Distanzen auf schwierigem Untergrund mit guter Offroad-Navigation möglichst schnell zurückgelegt. Ich wusste bald: Das muss ich probieren."

Pösendorfer wird perfekt in das Team von Gröpl-Racing integriert und geht nach rund einem Jahr Vorbereitungszeit bei der Desert-Storm-Rallye in Indien an den Start. 3000 Kilometer durch Rajasthan nahe der pakistanischen Grenze – der Steirer absolviert die komplette Strecke im Alleingang und zeigt, dass so gut wie nichts unmöglich ist.

Pösendorf führt als Rollstuhlfahrer ein Eremiten-Dasein im Extrem-Motorsport-Bereich. Dadurch muss er bei den Rennen gegen seine nichtbehinderten Konkurrenten einige Nachteile kompensieren: "Ich kann in der Kurve weniger mit Gewichtsverlagerung arbeiten, auch bei Sprüngen ist meine Körperspannung natürlich eine andere. Ich versuche aber, diese Punkte auf der Geraden so gut wie möglich wettzumachen."

Foto (c) Jatin Verma

Und das klappt: "Letzter wurde ich nie, einmal gab es sogar ein echtes Rennwunder. Bei der Staatsmeisterschaft 2015 in Rappolz konnte ich einen Lauf gegen 15 nicht behinderte Konkurrenten gewinnen. Das war unglaublich, da sind wir alle ausgeflippt."

Trotz der Erfolge ist Pösendorfer ein Punkt besonders wichtig: "Ich habe den Motorsport nie ausgeübt, um zu gewinnen. Klar war ich immer mit vollem Einsatz dabei, aber man muss auch realistisch bleiben. Dieser eine Sieg bedeutet mir daher umso mehr." Ein Ziel hat Pösendorfer noch: "Ich hoffe, dass es meine Gesundheit zulässt, dass ich noch möglichst lange diesen lässigen Sport ausüben kann. Und vielleicht findet sich ja der eine oder andere Rolli-Fahrer in Österreich, der sich ebenfalls dafür begeistern kann und mit mir racen möchte."

Rückfragen für Motorsportfans mit Behinderung: m.poesendorfer(at)georgegger.at