Geierspichler und Malter: Langer Bart und lange Arme

Bei der Para-Leichtathletik-EM in Berlin gehen mit Ludwig Malter und Thomas Geierspichler ab Montag zwei Generationen an Rennrollstuhl-Fahrern für Österreich an den Start. Die zwei trennt ein Altersunterschied von über 20 Jahren. Einen tut sie der unbedingte Wille zum Sieg.

Geierspicher (li.) und Malter bei den österreichischen Leichtathletik-Meisterschaften in Kapfenberg. (c) Richard Pflanzl

Kapfenberg, die österreichischen Leichtathletik-Meisterschaften für Menschen mit Behinderung sind im Gange. Ludwig Malter, gerade achtzehn geworden, zieht seine Aufwärm-Runden auf der Laufbahn. Er beschleunigt seinen Rennrollstuhl wie von selbst. Was sofort auffällt: Ludwig hat lange arme. Ausgesprochen muskulöse, lange Arme. Die langen Arme bedeuten einen großen Hebel zum Beschleunigen des Rollstuhls. Er scheint für den Sport wie gemacht. Und Ludwig Malter kennt es auch nicht anders. Er ist mit offenem Rücken zur Welt gekommen. Der Rollstuhl immer Teil seines Lebens gewesen. Er kann zwar mit Krücken gehen, aber nur kurze Strecken.  Malter spielt auch Rollstuhl-Basketball. Sein Fokus liegt aber auf der Leichtathletik. „Ich bin bei den Nachwuchssportlern super dabei. Aber zu den Top-Leuten fehlt mir noch was. Da heißt es Trainieren, Trainieren, Trainieren. Aber ich will das so.“, so Malter.

Training, und das jeden Tag, mehrere Stunden. Thomas Geierspichler, einer der Vorzeige-Athleten im Behindertensport, macht genau das. Seit Jahren. Geierspichler, mit knallig gelbem Rennrollstuhl und langem Bart unverkennbar, ist 42 und DIE Lichtgestalt der österreichischen Szene. Zwei Goldene, drei Silberne und vier Bronzene bei Paralympics machen ihn dazu. Aber nicht nur das. Sein Wille zum Erfolg ist es, was ihn im innersten Kern ausmacht. Seit einem Autounfall als Beifahrer im Jahr 1994 im Rollstuhl, musste er sein Schicksal zunächst akzeptieren. Und Geierspichler hat eine Form der Querschnittlähmung, bei der alle vier Gliedmaßen, also sowohl Beine als auch Arme, betroffen sind. Tetraplegie nennt man sie. Bei den Paralympics in Rio wurden Klassen im Rennrollstuhl-Sport zusammengelegt. Er tritt nun gegen Athleten an, die ihm körperlich weit überlegen sind. „Meine Gegner haben mehr Lungenvolumen, keine Behinderung in den Händen. Die trainieren zwei Stunden am Tag, ich vier, fahren mir aber davon. Ich habe meine Medaillen, aber was, wenn du im meiner Situation bist und gerade erst mit Spitzensport beginnst? Das nimmt dir von Anfang an die Motivation.“, so Geierspichler, den dieser Umstand zwar sauer macht - aber nicht verzagen lässt.

Malter und Geierspichler treten bei der EM in unterschiedlichen Klassen an, bei den ÖM fahren sie gegeneinander. Malter liegt im Aufeinandertreffen im Kapfenberger Stadion klar vorne. Um das geht es aber bei den österreichischen Meisterschaften nicht, es ist mehr ein letzter Test vor der EM in Berlin. Beide sind mit ihren Zeiten zufrieden, trotz weicher Bahn und Gegenwind.

Malter: „Die EM ist eine Zwischenstation.Tokio 2020 aber mein großes Vorhaben, davor noch die WM 2019 in Dubai.“  „Er hat die Grundvoraussetzungen, wenn er dranbleibt, kann er es in seiner Klasse in die Weltspitze schaffen.“, so Geierspichler über seinen jungen Mitstreiter. Ob er 2020 dabei ist? „Ja, das ist das Ziel...“, so Geierspichler. Nebenbei erzählt er von seiner Begeisterung für das Tennisspielen. Und das er bei einem internationalen Turnier in Kroatien weit gekommen ist. Vielleicht sehen wir Geierspichler schon bald regelmäßig am Tennis-Court.

Bei den Leichtathletik-Europameisterschaften in Berlin sind sechs Athletinnen aus Österreich am Start. Neben Malter und Geierspichler sind Günter Matzinger, Bil Marinkovic, Natalija Eder und Georg Tischler im Einsatz. Los geht es am Montag, den 20. August.

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