Matthias Wastian: Corona-Datenverarbeitung & Workout

Matthias Wastian hat in Corona-Zeiten viel zu tun. Im Interview erklärt er, wie er die Daten der Berechnungsmodelle verarbeitet und sich im Home Office fit hält.

(c) Markus Frühmann

Matthias, sportlich befindest du dich mit deinem Klub Interwetten/Coloplast Sitting Bulls gerade in einer Zwangspause. Wie sieht es beruflich aus?
Matthias Wastian: Ich habe technische Mathematik an der TU Wien studiert und mit Diplom abgeschlossen. Jetzt arbeite ich bei der dwh GmbH, einer von Nikki Popper und Michael Landsiedl gegründeten Firma. Für uns technische Mathematiker fällt aufgrund der aktuellen Pandemie mehr Arbeit an. Ich bin wirklich in einer glücklichen Lage und weiß, dass es viele Menschen gibt, die vom einen auf den anderen Tag ihre Arbeit verlieren und ökonomische Überlebensängste haben.

Was genau macht ihr?
Wir arbeiten im mathematischen Modellbildung- und Simulationsbereich. Überall wo es komplexe Systeme und Fragestellungen gibt, kommen wir ins Spiel. Fast die Hälfte unseres Unternehmens arbeitet derzeit Vollzeit an Berechnungsmodellen zur Corona-Krise in Österreich, ich bin als Datennachverarbeiter im Einsatz. Ich bereite zum Beispiel Simulationsergebnisse grafisch für Presseaussendungen auf.

Welche Besonderheiten weisen eure Berechnungen auf?
Das wirklich Spannende ist, dass wir die Bevölkerungsstruktur von Österreich sehr gut abbilden können. So wissen wir sehr genau, wo Österreich wie dicht besiedelt ist, wie weit Menschen vom nächsten Arzt entfernt wohnen oder wo besonders viele Schüler und Senioren leben. Die sehr gut aufbereiteten Daten aus zahlreichen Quellen wie etwa der Statistik Austria haben wir bestmöglich in unser Modell einfließen lassen können. Damit kann man wie auf einer Spielwiese unterschiedliche Szenarien, beispielsweise zur Einflussberechnung von Kontaktreduktionen auf den weiteren Verlauf der Epidemie, durchtesten, die man in echt nur sehr schwer ausprobieren kann – und oft auch nicht ausprobieren möchte.


Welche Folgen kann das umfassen?
Das betrifft zum Beispiel die Konsequenzen, die die Öffnung des Handels oder der Schulen nach sich zieht. Es ist wichtig, möglichst vielfältige und stichhaltige Indikatoren in sicherer Umgebung zu bekommen, schließlich geht es um das wertvollste, das es gibt: Menschenleben.

Und auf welche Ergebnisse seid ihr gestoßen?
Wenn man alle Bereiche zeitgleich von 0 auf 100 hochfährt, würden sofort die Infiziertenzahlen wieder in die Höhe schießen. Jeder mit gesundem Menschenverstand dürfte kapiert haben, dass das keine gute Idee ist. Die von der Regierung geplante schrittweise Öffnung unter laufender Evaluierung ist daher der einzig gesundheitlich verträgliche Weg.

Was könnt ihr in diesem Zusammenhang noch berechnen?
Wir können qualitative Aussagen als Mehrwehrt generieren. Zum Beispiel: Es kommen weniger Todesopfer zustande, wenn man zuerst den Handel öffnet und erst dann die Schulen. Wobei man immer auf die Zusammenhänge achten muss. Wenn alle gleichzeitig wieder arbeiten gehen, wer passt dann auf die Kinder auf?

Zu Beginn wurde die von der Regierung gesetzte Strategie skeptisch betrachtet.
Es wurden früh harte Maßnahmen gesetzt und Tests durchgeführt. Das war richtig und hat sich äußerst positiv ausgewirkt, die Daten belegen das sehr gut. Die absolute Zahl der aktuell Infizierten sinkt, es werden mehr Menschen gesund als neu erkranken.

Im morgen erscheinenden Teil 2 des Interviews zeigt Matthias Wastian, was man alles mit einer Klimmzugstange anstellen kann. Außerdem verrät er, wie man das Training adaptieren wird und was wir in Zukunft aus der aktuellen Krise lernen können.