Wir tanzen

Wie der Para Dance Sport in Österreich mit kreativen Ideen und unermüdlichem Einsatz den Zusammenhalt stärkt. Das Interview mit Teammanagerin Kerstin Govekar.

Foto (c) WCDS

Kerstin, du bist Teammanagerin der Wheelchair Dance Sport Federation Austria. Wie ist das Para Dance Sport Team durch die derzeit geltenden Einschränkungen betroffen?
Kerstin Govekar: Unsere Sportart liegt seit 11. März auf Eis. Es gibt keine Einzel-, Gruppen- und sonstige Trainings, Wettkämpfe, Shows – wir dürfen gar nichts tun. Das ist, wie für andere auch, ein herber Schlag; nicht nur für die Vereine, sondern auch für die SportlerInnen. Sie standen kurz vor einem Wettkampf, dem Start in eine neue Disziplin oder dem Durchbruch in eine höhere Leistungsklasse. Das hat nicht nur körperliche Auswirkungen – Para Dance Sport ist ganzheitliches Training für alle Muskelgruppen – sondern auch psychische und mentale. Es betrifft neben unseren LeistungssportlerInnen auch unsere BreitensportlerInnen, für die das wöchentliche Trainingsangebot neben dem Training der eigenen Beweglichkeit auch eine hohe soziale Komponente darstellt.


Welche Maßnahmen habt ihr gesetzt, um präsent zu bleiben?
Wir haben unsere SportlerInnen motiviert, Home-Videos von verschiedenen Tänzen aufzunehmen (Hier geht es zum Youtube-Channel). Erstens um in Form und im Training zu bleiben, zweitens um Spaß zu haben, denn Tanzen löst ja freudige Emotionen aus. Drittens wollten wir zeigen: Wir sind da, trotz Corona. Wir haben auch motivierende Einzelgespräche geführt, kleine Trainingsanimationen geschickt, Gruppenchats gemacht und vieles mehr.

Welche Rückmeldungen habt ihr bekommen?
Wir haben super positive nationale und internationale Reaktionen erhalten. Vom 17. März bis einschließlich 2. Mai habe ich jeden Abend die Videos einer anderen Sportlerin beziehungsweise eines anderen Sportlers ins Netz gestellt. Wir waren mit unserem Blog auf unseren Websites sowie auf Facebook, Twitter, Instagram, whatsapp, youtube, linkedin und pinterest überall dabei. Es kamen sogar Likes aus Indien und Australien. Das trägt natürlich zur weiteren Internationalisierung unserer Sportart bei.


Eine besondere Idee war der Hashtag #rollanddanceathome, den ihr etabliert habt. Wie seid ihr auf diese Idee gekommen?
Eigentlich war das ganz einfach: Unsere TanzsportlerInnen sind größtenteils BehindertensportlerInnen im Rollstuhl. Und nachdem die Weisung kam, dass alle zu Hause bleiben müssen, war #rollanddanceathome die logische Schlussfolgerung und unser Aufhänger, um zu zeigen: Wir geben nicht auf, wir tanzen zu Hause weiter.

Was wünschst du dir in der aktuellen Situation für den Rollstuhltanzsport?
Klarheit! Ganz kurz und knapp auf den Punkt gebracht. Es ist so schwierig genaue, dezidierte Auskünfte zu erhalten. Die Ausgangslagen und Auslegungen wechseln ständig. Es wäre wünschenswert, eindeutige Definitionen, Regelungen und Leitlinien zum Hochfahren der sogenannten „Kontaktsportarten“ zu haben. Nur so können wir gezielt versuchen, den Sport im Land langsam wieder aufzubauen. Vor Corona war unser Nationalteam im internationalen Ranking ganz vorne mit dabei. Jetzt ist es ist schwierig zu sagen, wie lange es wohl brauchen wird, bis dieses Level wieder erreicht werden kann. Und es ist auch noch nicht vorhersehbar, ob das gesamte Para Dance Sport Team nach Corona noch so bestehen wird, oder ob personelle Ausfälle zu verzeichnen sein werden und wie es mit den einzelnen Vereinen weitergeht. Wir hoffen natürlich das Beste und sind sehr froh, wenn wir endlich wieder #rollanddanceonteam sagen können.

Morgen folgen die Interviews mit WM-Teilnehmerin Sabrina Gostner und Newcomerin Sabine Engleder.