Enquete "Versehrtensport in Österreich" am 25. November in Wien

Am 25. November 1980 fand die Enquête „Versehrtensport in Österreich“ in Zusammenarbeit mit dem BM für Unterricht und Kunst, dem ÖVSV und der AUVA als Auftakt für das Jahr der Behinderten der UNO 1981 im Haus des Sports statt.

Referentinnen waren u. a. Oscar BLAHA über die aktuelle Situation des Sports von Menschen mit Behinderungen, weiters Prof. Dr. Ludwig PROKOP und Dr. Georg OKULSKI über die sportmedizinischen Aspekte, Prof. Mag. Werner KREMS über die Ausrichtung von Sportstätten für Behinderte, Dipl. Sportlehrer Oswald KNEISSL über Fitness- und Wettkampfsport für Versehrte, weiters Willi HOHM über Blindensport, Albert WÖHRER über Rollstuhlsport, Walter PIRKNER über Skilauf, Kurt BÖSNER über Ballspiele, Fred WINKLER über Schwimmen, Siegfried KÜNSTNER über Leichtathletik, Christian FELLNER über das „Österreichische Sport- und Turnabzeichen für Versehrte“ ÖSTA-V und OStR Prof. Julius SCHÜCHNER über die Ausbildung zum Sportlehrer für Menschen mit Behinderung.

Wichtig war die Schlussresolution dieser Enquête, welche die Öffnung zu neuen Behindertensportgruppen und zu neuen Zielgruppen (Kinder, Jugend und Senioren) als zukünftiges Ziel des ÖVSV festlegte.

Schlussresolution

Die vom ÖVSV, der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt und dem Bundesministerium für Unterricht und Kunst gemeinam veranstaltete Enquete "Versehrtensport in Österreich", die am 25.11.1980 in Wien stattgefunden hat, fasste folgende Resolution:

Versehrten- bzw. Behindertensport ist gerade heute eine durch nichts anderes ersetzbare notwendige körperliche Aktivität, die es dem Menschen mit Behinderung ermöglicht, seine Versehrtheit körperlich, psychisch und sozial zu bewältigen, damit er nicht nur seine Gesundheit erhält und verbessert, sondern wieder Teil der Gesellschaft werden kann.

Die organisatorischen, pädagogischen und medizinischen Voraussetzungen für die Großzahl der verschiedensten Versehrtengruppen zu ermöglichen, sollte durch ein taugliches Rehabilitationsgesetz gewährleistet werden. So sollten Versehrte das Anrecht auf die Beistellung von Sportstätten, Sportlehrern und sportmedizinischer und physiotherapeutischer Betreuung erhalten.

Weitere Maßnahmen wären: Anerkennung einer fachlichen Ausbildung zu Sportlehrern mit dem Spezialfach "Sport für Körperbehinderte" und deren Einbau zur Verbesserung der Qualität des Übungsbetriebes.

Eine Ausweitung des Studienprogrammes dieser Ausbildung ist für die Zukunft notwendig, um den gesteigerten Anforderungen gerecht zu werden.

Die Anerkennung des Versehrtensportes durch den Sport und dessen Organisation zu erreichen wie durch die Bundes-Sportorganisation als ordentliches Mitglied und die Errichtung von Versehrtensportreferaten in Fachverbänden wie es bereits im ÖSV besteht, wobei der Versehrtensportverband als Dachverband aller Behindertensportorganisationen Verhandlunspartner der öffentlichen Hand sein sollte.

Bauliche Vorsorgen

  1. Ziel: Allgemeine Sportstätten sind in der Regel behindertengerecht für Aktive und Zuschauer auszuführen.
  2. Die Ö-Norm B 1600 (Bauliche Maßnahme für Körperbehinderte und alte Menschen) soll rigoros angewendet werden.
  3. Behindertengerechtes Planen erfordert kaum erhöhte finanzielle Aufwendungen bei Bauausführungen.
  4. Sanierungsprogramme für bestehende Sportstätten sollten immer die Belange der Behinderten berücksichtigen.
  5. Ergebnisse der Grundlagenforschung sollten ebenso allen Bauträgern wie den Studierenden bekanntgemacht werden.
  6. Die Überarbeitung der Ö-Normen für den Sportstättenbau (Sporthallen, Sportplätze und LA-Anlegen, Kinderspielplätze) sollen im Sinne der Empfehlung erfolgen.
  7. Subvenstionsgeber sollten auf die Einhaltung der Bestimmungen der einschlägigen Normen und Richtlinien Einfluss nehmen.
  8. Einschlägige Beratungsstellen (z.B. ÖISS, Normungsinstitut, Institut für soziales Design) sollten stets in Anspruch genommen werden.

Aufgrund des Strukturwandels im Verhalten der Gesellschaft stehen dem Versehrtensportverband neue Perspektiven und Aufgaben bevor:

  1. Verstärkte Überlegungen über den Kinder- und Jugendsport Versehrter und Behinderter.
  2. Verstärkte Beachtung der Richtlinien beim Sport im Alter.
  3. Öffnung des Verbandes für neue Bereiche des Versehrtensportes wie Spastiker, Herz- und Kreislaufgeschädigte, Gehörlose, geistig Behinderte usw.

Gegen gefährliche Auswirkungen des Versehrtenleistungssportes sollte:

  1. eine verstärkte sportärztliche Betreuung durchgeführt werden und ein "Sportpass" eingeführt werden,
  2. im verstärkten Maße Erkenntnisse aus den Sportwissenschaften (Trainingslehre, Bewegungslehre u.ä.) im Trainings- und Übungsbetrieb eingesetzt werden,
  3. der Planung und Organisation von Erholung und Regeneration der Versehrtensportler mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden,
  4. der Einsatz qualifizierter Übungsleiter und Trainer forciert werden, wobei mehr hauptamtliche Kräfte eingesetzt werden sollten,
  5. mehr Beachtung der Einzelbetreuung von Versehrtensportlern zu schenken und die Entwicklung einer Partnerschaftshilfe zwischen behinderten und nichtbehinderten Sportlern voranzutreiben.

Weiters sollte auf dem akademischen Gebiet dem Anliegen des Behindertensportes eine verstärkte Grundlagenforschung zur Verfügung stehen.

Besondere Anliegen der Schulbehörden sollten auch der Schulsport körperbehinderter Kinder sein.

Das Versehrtensportabzeichen wäre einer zeitgemäßen Novellierung zu unterziehen.