Probier es einfach!

Fußballtrainer Wolfgang Hartweger coacht das österreichische CP-Nationalteam. Anfangs zweifelte er noch an seinem Können. Heute ist der Job sein Motor für positive Energie.

Text: Florian Wörgötter

Vor 20 Jahren erlebt Wolfgang Hartweger auf einem Trainerkongress in Sydney, dass es völlig normal ist, wenn auch Rollstuhl-Sportler am Tisch sitzen. Um die Inklusion von Sportlern mit Behinderung in Österreich voranzutreiben, verankert er mit dem ÖBSV das Thema in jeder Trainerausbildung der Bundessportakademie. Doch Hartweger, Leiter der BSPA Wien, will auch in der Praxis mit Sportlern mit Behinderung arbeiten. Also trainiert der Lavamünder, 59, die Österreichischen Nationalmannschaft der Cerepral-Paretiker (CP). Obwohl er schon den Vienna-Nachwuchs und das U21-Nationalteam trainiert hatte, muss er für diesen Job erst über seinen Schatten springen. Er hat es nicht bereut.

Wie hast du reagiert, als Matias Costa (ÖBSV) dir das CP-Fußball-Nationalteam angeboten hat?
Ich habe gezweifelt, ob ich das kann. Wenn du noch nie mit behinderten Menschen gearbeitet hast, ist es aber normal, dass du anfangs Hemmungen hast. Beim ersten Zusehen war ich sofort überwältigt, wie begeistert die Sportler kicken. Matias meinte: Probier's einfach!

Was war anfangs deine größte Herausforderung? 
Du musst lernen, das motorische Niveau der einzelnen Spieler zu verstehen. Der eine spielt technisch auf Regionalliga-Level, der andere hält sich nur schwer auf den Beinen. Als Trainer musst du mit einem zielorientierten Training jeden Spieler fordern – auch ohne Behinderung. Eine Trainerausbildung ist eine große Hilfe.

Welche Vorurteile über Behindertensport musstest du überdenken?
Zuerst habe ich alle Spieler behutsam behandelt. Dann habe ich gelernt: Die wollen nicht geschont werden – weder physisch noch psychisch. Sie wollen genauso was leisten und agieren am Platz emotional wie Profis: Werden sie ausgetauscht, sind sie sauer; gewinnen sie, jubeln sie. Das Wichtigste: Sie wollen ganz normal behandelt werden.

Aber unterscheidet sich das Coaching auch?
Bei CP-Spielern liegen physische und psychische Anspannung nahe beieinander. Ein halbwegs entspannter Trainer bringt Ruhe ins Spiel. Er zeigt Verständnis, wenn bei Matches die Emotionen hochkochen.

Welche Voraussetzungen sollte ein Trainer noch mitbringen?
Du brauchst ein Herz dafür und musst mit Menschen mit Behinderung arbeiten wollen. Für mich war es spannend zu beobachten, wie sie sich sportlich weiterentwickeln, aber auch als Persönlichkeiten wachsen. Über den Sport werden sie offener und kontaktfreudiger. Das erleichtert auch ihre Inklusion ins Alltagsleben.

Was kriegt ein jeder Trainer zurück, wenn er Menschen mit Behinderung betreut?
Jedes Erfolgserlebnis der Spieler ist eines für mich. Du wächst persönlich als Mensch – und als Mannschaft zusammen. Es kommt so viel positive Energie und Motivation von den Spielern zurück. Das macht dich demütig und du regst dich nicht mehr über jeden Quargel auf.

Was kann jeder Trainer in einer Ausbildung dazulernen?
Du lernst ein Training zu organisieren, das sowohl den Stärksten als auch den Schwächsten individuell fördert. Du lernst, auf ihre Bedürfnisse einzugehen und alles so zu beschreiben, dass es auch jeder sofort versteht. Und: Du lernst Geduld und dich selbst zurückzunehmen.

Wie wird man Trainer im Behindertensport?
Am Besten wendest du dich direkt an den ÖBSV. Der Behindertensportverband bietet Ausbildungen für Interessierte an. Mein Tipp: Geh's einfach an! Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.

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Alle Bilder (c) Daniel Kudernatsch