Rückblick 2018: Leichtathletik-EM in Berlin - Die Jubel-Spiele

Die Para-Leichtathletik- Europameisterschaften in Berlin waren eines der erfolgreichsten Großereignisse in der Geschichte des österreichischen Behindertensports. Natalija Eder im Speerwurf, Thomas Geierspichler über 1500 Meter und Günther Matzinger über 400 Meter holten Gold. Bil Marinkovic schnappte sich Silber im Kugelstoßen und im Diskus. Dazu das tolle Ergebnis von Georg Tischler im Kugelstoßen und die vielversprechenden Zeiten von Rookie Ludwig Malter im Rennrollstuhl. Wir haben unsere Athleten Tag für Tag begleitet, mit ihnen gejubelt, gelitten und geschwitzt. Eine Chronologie des Erfolgs.

(c) Ralf Kuckuck DBS-Akademie

DIENSTAG, 21. AUGUST

Gold für Natalija Eder im Speerwurf
Natalija Eder lächelt. Und sie hat Grund dazu, hat sie doch gerade Gold im Speerwurf geholt. „Ich kann es selbst noch nicht ganz glauben. Aber vielleicht kommt das, wenn ich bei der Siegerehrung die Hymne höre.“ Bereits in der Vorbereitung zur Europameisterschaft entwickelt sie sich zur klaren Medaillenfavoritin. Zu sicher wollte sie sich aber nicht sein. Natürlich kann man nach einer gewissen Vorbereitung mit einem Erfolg rechnen, Gewissheit gibt es im Sport aber nie.

MITTWOCH, 22. AUGUST

Silber im Diskus für Marinkovic
Am Mittwoch sind bei der Para-EM in Berlin gleich vier Österreicher am Start. Und es passiert sowas wie ein kleines Wunder: Diskuswerfer Bil Marinkovic holt Silber. Warum ein Wunder? Vor etwas über einem Monat wird Bil am Meniskus operiert. „Das war ein harter Kampf. Der ganze Weg nach Berlin nach der OP und jetzt die Silberne - ich bin überglücklich!“ Großen Anteil am Erfolg hat Marinkovics Trainer Gerhard Mayer, einst selbst Weltspitze im Diskuswerfen. Er ist ungemein wichtig für Bils Technik- Training, weiß aber auch, wie man sich mental auf einen Wettkampf vorbereitet. Marinkovic ist ein alter Hase: 2004 holte er Gold in Athen im Speerwurf, wo er auch den Weltrekord hält, 2012 Bronze im Diskus. Tokio 2020 sollen seine letzten paralympischen Spiele sein, er wird dort das sechste Mal an den Start gehen. „Dort will ich eine Medaille machen, danach ist Schluss – obwohl, man darf niemals nie sagen“. Im Kugelstoßen macht Georg Tischler den vierten Platz. Für den Veteranen ist es die letzte Großveranstaltung. Die Blecherne glänzt wie Bronze, die Georgs Buddy, Drazenko Mitrovic aus Serbien, holt. Aber das Feld ist sich einig: Tischler hätte zum Abschluss nochmals eine Medaille verdient. Nervenaufreibend im Vorfeld: Tischlers Wettkampf-Rollstuhl muss zweimal umgebaut werden. Für Rennrollstuhl-Fahrer Thomas Geierspichler stehen die 100 Meter am Programm. Für Geierspichler aber nur eine Aufwärmübung – seine Distanz sind die 1500 Meter. Ludwig Malter legt in seinem Rennrollstuhl über die 400 Meter eine Talentprobe ab, wird aber mit guter Zeit disqualifiziert.

(c) Ralf Kuckuck DBS Akademie

DONNERSTAG, 23. AUGUST

Gold für Thomas Geierspichler über 1500 Meter
Seit dem Jahr 2000 hat Geierspichler zwei Paralympics-Goldmedaillen gewonnen, wird fünfmal Weltmeister. In Berlin holt er sich seinen neunten EM-Titel. Und dieser Titel ist etwas Spezielles. Geierspichler trainiert das ganze Jahr auf diesen Tag X hin. Umso fantastischer, wenn dann alles aufgeht. Es ist ein taktisches Rennen, Geierspichler orientiert sich an seinem stärksten Konkurrenten, dem Letten Skucas. Der übernimmt die Führung, Geierspichler fährt in dessen Windschatten, der Rest des Feldes hat schnell Rückstand. 200 Meter vor dem Ziel greift der Anifer dann an. Die Attacke ist riskant, aber Geierspichler holt genau deshalb Gold. Günther Matzinger ist vor seinem ersten Finallauf bescheiden, rechnet über die 200 Meter nicht unbedingt mit einer Medaille. Es wird dann der fünfte Platz mit 23,62 Sekunden. „Ich hätte gehofft, dass mehr geht, aber die Schnelligkeit hat einfach gefehlt”, so Matzinger. Der 18-jährige Rennrollstuhl- Fahrer Ludwig Malter zeigt über die 800 Meter ein tolles Rennen. Als Achter rutscht er gerade noch ins Finale, kann sich dort auf Rang sechs steigern. Europameister wird Malters großes Vorbild, der Schweizer Marcel Hug.

FREITAG, 24. AUGUST

Gold für Matzinger über 400 Meter
Günther Matzinger wurmt etwas: Er ist Paralympics-Sieger, zweifacher Weltmeister, Europameister aber noch nicht. Vor zwei Jahren wird er bei der EM über 400 Meter aufgrund eines Fehlstarts disqualifiziert. Aber in Berlin macht er seine Sammlung komplett. „Ich habe mich beim Aufwärmen schon super gefühlt. Das Rennen habe ich mir dann optimal eingeteilt. Ich bin die ersten 200 Meter etwas verhaltener angegangen und hatte im Finish genug Kräfte. Das war der Schlüssel zum Sieg“, meint Matzinger nach dem Rennen.

SAMSTAG, 25. AUGUST

Silber für Bil Marinkovic im Kugelstoßen
11,09 Metern stößt Bil die Kugel, muss sich nur dem Italiener Oney Tapia geschlagen geben. Nach der Silbernen im Diskus ist es das Wunder Nummer zwei. Das ist unglaublich, irgendwie holt Bil für sich bei dieser EM das Maximum raus. Zweimal Silber, trotz der erst überstandenen Knieverletzung.

SONNTAG, 26. AUGUST

Geierspichler verfehlt Medaille
400m Sprintdistanz, es ist sein letzter Start in Berlin: Thomas Geierspichler ist voll motiviert, es wird aber nur Rang vier. Den EM-Titel sichert sich der Lette Kestutis Skucas, Zweiter über die 1500 Meter. Geierspichler hat wie alle anderen mit den Bedingungen zu kämpfen und hadert. Schon alleine die Zeiten zeigen, wie schwer es heute ist. „Ich bin heuer in der Schweiz 1:01 Minuten gefahren. Heute lag die Siegerzeit bei 1:08,39 Minuten. Aber ich bin extrem glücklich, was hier in Berlin für mich passiert ist. Das stimmt mich absolut zuversichtlich für die nächsten beiden Vorbereitungsjahre für die Paralympics in Tokyo“, lässt Tom wissen. Malter startet auch am letzten Tag nochmals: Über 1500 Meter belegt er Rang sieben. Sein nächstes Ziel ist klar, die WM 2019 und die Qualifikation für die Paralympics 2020.

Para-EM 2018 in Berlin, 20. - 26. August, mehr unter para-euro2018.eu