Aufgegeben werden Briefe! Wolfgang Timischl und die 1350 Kilometer mit dem Handbike

Der Tiroler Wolfgang Timischl ist einer vom Schlag Mensch, den man wohl am ehesten als rastlos bezeichnen würde. Um Spenden für einen verunfallten jungen Erwachsenen zu sammeln, durchquerte er mit seinem Handbike Österreich – und das in nur acht Tagen. Im Gespräch mit dem ÖBSV erzählt er über seine Motivation, ungewöhnlichen Verletzungen und dem Weitermachen.

Bei seiner Österreich-Umrundung strampelte Wolfgang Timischl mit seinem Handbike zu jeder Uhrzeit.

Wenn ich dir von meiner Vergangenheit erzähle, dann nicht, weil ich dein Mitleid will, ich will dir nur sagen, warum ich so geworden bin, wie ich bin.
Mit diesen Worten eröffnet Wolfgang Timischl die Zusammenfassung seines Werdegangs. 2010 erlitt der Tiroler einen Schiunfall, seitdem ist er vom Bauchnabel abwärts gelähmt und sitzt im Rollstuhl. Das hält ihn aber keineswegs davon ab, regelmäßig sportliche Höchstleistungen zu erbringen. Ende August radelte der 44-jährige Büroangestellte quer durch Österreich – die Rundfahrt führte ihne unter anderem von Tirol nach Salzburg, von dort weiter nach Linz, Wels und Tulln, um über den Donauradweg nach Wien zu gelangen. Auf dem Rückweg nach Innsbruck stand nach der Etappe Graz der Großglockner als größte Herausforderung der Tour vor der Tür, bevor es zurück nach Häring und dann nach Innsbruck ging. Wirklich schwer war diese Tour für Timischl nicht zu bewältigen – das Ungewöhnliche daran liegt in seiner Einstellung.

“Alles in allem eine ruhige Tour”, beschreibt Timischl seine Österreich-Rundfahrt. Schaut man sich allerdings seine bisherigen Erfolge an, wirken die 1350 Kilometer tatsächlich wie eine sonntägliche Spazierfahrt: 2500 Kilometer nach Palermo 2015 hier, einziger Handbiker in einem 24-Stunden-Rennen da. Wolfgang ist ein Kraftpaket und versteckt sich keineswegs, denn er möchte den Behindertensport in Österreich bekannter machen. Er sieht dabei vor allem den ÖSBV als wichtigen Koordinator: “Wir haben es verdient, auch im Sportteil der Primetime aufzuscheinen und nicht immer nur im Vorabendprogramm auf einem Nebensender herumzugurken – hoffentlich schafft der ÖBSV diese mediale Hürde.”

Bislang habe der Behindertensport in Österreich einen Stellenwert wie das Weitspucken in Kongo, vergleicht Timischl und fordert im gleichen Atemzug an alle unversehrten Kontrahenten: “Ich nehme es gerne mit Fußgehern auf und stelle unter Beweis, dass wir in einigen Sportarten in der Lage sind, gleich und besser zu sein!” Und das galt auch für seine Tour. Nach der Ankunft in Innsbruck scherzte Timischl mit seinem Team, dass er es in zwei Stunden wieder zurück nach Landeck schaffe. Wetteinsatz: ein Fass Bier. Doch irgendwann musste Schluss sein: “Ich bekam das Fass auch, aber unter der Voraussetzung ruhig zu sein und ins Fahrzeug zu steigen.”

Eine große Unterstützung ist ihm vor allem seine Tochter, die ihn seit seiner ersten Tour im Jahr 2015 immer wieder bei seinen sportlichen Vorhaben begleitet. Mit seiner Frau gründete Wolfgang den gemeinnützigen Verein Sport’s Life, mit dem sie unter dem Motto „Rollstuhlfahrer für Rollstuhlfahrer“ Betroffene mit dem gleichen Schicksal unterstützen, um ihnen zumindest finanziell den Start in das neue, veränderte Leben erleichtern zu können.

Bei seiner Österreich-Umrundung war die Belastung – zumindest für einen wie Wolfgang Timischl – gering, daher konnte er die Tour ohne Verletzungen absolvieren. Ein Zwischenfall bleibt ihm allerdings schmunzelnd in Erinnerung: “Offene Knöchel hab ich mir in einem Hotel zugezogen. Auf meine Frage hin, ob ich denn einen Sitz zum Duschen bekommen könnte, brachte man mir auch einen. Das Problem war allerdings, das Teil war nicht für solche Zwecke gebaut und warf mich mitten unterm Duschen ab.”

Nach der Tour gönnt sich Timischl nur eine kurze Pause: “Die Pläne stehen schon bis 2021 - wer rastet, der rostet!” So macht er sich im kommenden Jahr auf nach Australien, um einen bereits bestehenden Weltrekord zu brechen. Das Team rund um ihn, Wolfgang Almer, Alexander Gritsch und Mike Langer steht bereits – jetzt fehlt nur noch die Freigabe seitens Guinness-World-Records. Wolfgang ist es aber auch ein Anliegen, all jene zu ermutigen, die sich nur schwer zu sportlicher Betätigung motivieren können: “Man muss nicht solche Strecken zurücklegen, um glücklich zu sein. Macht Sport, damit ihr aus dem Haus und somit auf andere Gedanken kommt.”