Behindertensport trauert um Ludwig Prokop

Em. Univ-Prof. DDDDr. Ludwig Prokop ist am 28. Juli 2016 im 96. Lebensjahr verstorben. "Ludwig Prokop war ein bedeutender Visionär und Wegbegleiter des österreichischen Behindertensports.

Versehrten- bzw. Behindertensportwoche in Schielleiten: OSTR Prof. Julius Schüchner, Univ. Prof. DDDDr. Ludwig Prokop, Prof. Oswald Kneissl, OSR Siegfried Künstner und OAR Hans Erhart.

Mit dem Tod Ludwig Prokops hat Österreich nicht nur einen Wissenschaftler mit vier Doktortiteln (Medizin, Philosophie, Naturwissenschaften, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften), aktiven Sportler bis ins hohe Alter, Familienvater, sondern auch einen Wegbereiter und Unterstützer des Behindertensports - in den Anfangsjahren Versehrtensport - verloren. Der Behindertensport nahm im Leben von Ludwig Prokop einen wichtigen Stellenwert ein. "Seine Kraft, sein Engagement, wie auch sein Wissen über die Bedeutung von Bewegung und Sport für Menschen mit Behinderung wird uns in ewiger Erinnerung bleiben", so KR Brigitte Jank, Präsidentin des Österreichischen Behindertensportverbands (ÖBSV).

Behindertensport aus der Sicht Ludwig Prokops

"Aufgabe Behindertensport" heißt das 1988 von Ludwig Prokop publizierte Werk, in den einleitenden Worten schreibt er: "Da die Zahl der Behinderten aus verschiedenen Gründen immer weiter zunimmt und deren Betreuung gleichzeitig auch schwieriger wird, kommt es darauf an, diese zu überzeugen, dass sie ihre Behinderung nicht als ein völlig unbeeinflussbares Schicksal hinnehmen müssen und sie selbst dazu zu bringen, aus eigenem einen Beitrag zu ihrer Lebenstüchtigkeit und Lebensqualität zu leisten. Dies liegt nicht nur in ihrem eigenen Interesse, sondern auch in dem der für sie mitverantwortlichen Gesellschaft. Aktive Bewegung und Sport können dabei eine große Hilfe sowohl in therapeutischer wie prophylaktischer Hinsicht sein. Das eigentliche Ziel ist aber nicht das Erreichen besonderer sportlicher Leistungen, sondern die bessere und sichere Bewältigung von Alltag und Beruf und damit die Sicherung des subjektiven Wohlbefindens mit Verminderung der Beschwerden. Schließlich bedeuten sportliche Aktivitäten auch einen Weg zur Integration und sozialen Anerkennung, unter deren Verlust viele Behinderte subjektiv schwer leiden. Behindertensport ist daher mehr als aktive Bewegungstherapie. Aus den persönlichen praktischen und theoretischen Erfahrungen von über fünf Jahrzehnten Tätigkeit im Behindertensport entstand dieses Buch. Es soll nicht nur den Behinderten grundsätzliche Hinweise geben und sie gleichzeitig zum Sport ermutigen, sondern auch den Nichtbehinderten das heute oft fehlende Verständnis für ihre behinderten Mitmenschen zu erleichtern helfen..."

Frühe Symbiose zwischen Behindertensport und Sportmedizin

Von Beginn an bestand eine Verbindung zwischen dem Behindertensport und der Sportmedizin. Dies wurde im ÖBSV auch damit dokumentiert, dass ein Arzt, der praktische Erfahrungen auf dem Gebiet des Behindertensports hatte, auch im Vorstand war. Ludwig Prokop hatte die Funktion des Verbandsarztes von 1963-1968 sowie 1976-1979 inne. Mit dem Österreichischen Institut für Sportmedizin unter Leitung von Univ. Prof. Dr. Prokop wurde schon früh eine Vereinbarung getroffen, die sportmedizinische Begleitung behinderter Sportler und Sportlerinnen auszubauen. 1975 wurde die Einführung der sportärztlichen Untersuchung für den ÖVSV beschlossen, welche am 1. Jänner 1976 in Kraft trat. Sie sah vor, dass das Antreten zu Wettkämpfen nur mit gültiger Untersuchung, nicht älter als ein Jahr, möglich sei.

"Enquete Versehrtensport" in Wien

Die steigende Bedeutung des Behindertensports führte dann am 25. November 1980 zur Enquete "Versehrtensport in Österreich", eine Veranstaltung mit dem Bundesministerium für Unterricht und Kunst, dem ÖVSV und der AUVA als Auftakt für das Jahr der Behinderten der UNO 1981 im Haus des Sports. Referent war u.a. Univ.-Prof. Dr. Ludwig Prokop und Dr. Georg Okulski über die sportmedizinischen Aspekte.

Behindertensportwoche - Ludwig Prokop als Wegbereiter einer Erfolgsgeschichte

Einen wesentlichen Fortschritt in der Entwicklung des organisierten Sports von Menschen mit Behinderung brachte die „1. Österreichische Versehrtensportwoche“ (später Behindertensportwoche), welche 1951 das erste Mal in Wien stattfand. Traditionellerweise wird die „Österreichische Behindertensportwoche“ in Schielleiten in der Steiermark durchgeführt, manchmal auch in Obertraun in Oberösterreich, wie etwa das 10jährige Jubiläum. Diese bis heute bestehende Einrichtung hatte sich durch die konstruktive Zusammenarbeit zwischen der „Bundesanstalt für Leibeserziehung“ BAfL Wien, der Sportmedizin und dem ÖBSV bewährt und wurde tragendes Element des organisierten Sports von Menschen mit Behinderung. Die Initiatoren war neben OStR Prof. Karl Deschka von der BAfL, Min. Rat Dr. Viktor Kollars vom BM für Unterricht Abteilung Sport vor allem auch Univ.-Prof. Dr. Ludwig Prokop von der Universität Wien.

IOC-Auszeichnung für die Ewigkeit

Ludwig Prokop, der an 27 Olympischen Spielen als Teamarzt und Dopingexperte des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) teilnahm,  wurde anlässlich der 90. IOC-Session in Berlin am 10. Februar 1985 der „Olympischen Orden“ verliehen.

Zwei bedeutende Werke von Ludwig Prokop über den Behindertensport

Prokop, Ludwig (1998). Aufgabe Behindertensport. Wien: Hollinek
Prokop, Ludwig (2001). Medizinische und soziologische Aspekte des Behindertensports. Wien: Dissertation