Die Moor-Vision: Zielsicher zu Medaille & Paralympics

Patrick Moor hat eine WM-Medaille in Australien fix eingeplant. Wie Schweizer Präzision hilft und wie sein paralympischer Traum wahr wird.

Flagge Foto (c) GEPA pictures/ Mario Kneisl, Patrick Moor

Patrick, du hast dich gerade in der Schweiz auf die Weltmeisterschaft in Sydney, Australien vorbereitet (Anm.: startet am 9. Oktober). Wie ist es gelaufen?
Patrick Moor: Ich hatte ein super Trainingslager mit Schweizer Nationalteam, wir haben das schon vor der IBSA-Weltmeisterschaft erfolgreich praktiziert! Jetzt ist die Herausforderung, die guten Trainingsleistungen in den Wettkampf zu übertragen. Es tut gut, auch mal außerhalb Österreichs mit internationalen Gegnern zu trainieren.

Aber vor einem Nationenwechsel müssen wir keine Angst haben, oder?
(Lacht) Nein, das ist natürlich keine Option!

Als Schütze aus Austria könntest du in Australien ein bisschen Heimvorteil haben, oder?
Ja, das könnte echt passieren! Ich war geraden in Kroatien und hatte ein T-Shirt mit der Aufschrift „Austria“ an. Da ist ein Australier auf und zugekommen und hat gedacht, wir wären seine Landsmänner. Aber wenn die Australier jubeln, wenn Patrick Moor, Austria, in der Halle durchgesagt wird, habe ich natürlich nichts dagegen.

Du zählst in deiner Klasse zu den Top-Favoriten auf Edelmetall. Wie steht es mit deinen Erwartungen?
Ich darf aufgrund der konstant starken Ergebnisse in den letzten zwei sehr intensiven Trainingsmonaten selbstbewusst sagen: Ich erwarte in Australien eine Medaille, die Chancen stehen wirklich gut, dafür fahre ich hin. Der Wettkampftag ist aber immer ein eigener Tag und kommt es auf die Tagesverfassung und das nötige Quäntchen Glück an, ob es mit Edelmetall klappt oder nicht.

Foto (c) Patrick Moor

Du bist schon sehr früh angereist.
Die Akklimatisierungsphase sollte nicht zu kurz sein. Man muss den Jetlag nach dem 24 Stunden langen Flug berücksichtigen und das Klima ist komplett anders. Außerdem kann ich dadurch privat Australien ein bisschen kennenlernen, weil sonst sehen wir oft nur den Schießstand und das Hotel.

Welchen Faktor spielen die Sponsoren in deiner Sportart?
Schießen ist leider eine Einzel- und Randsportart, daher ist es schwierig, Sponsorenunterstützung zu bekommen. Ich habe gottseidank durch die Bundesregierung und den ÖBSV eine Sportförderung erlangt und die nötigen Mittel erhalten, um an der WM teilnehmen zu können. Ich bin wirklich froh, dass der ÖBSV, der Vorarlberger Behindertensportverband, der Vorarlberger Blindensportklub und der Behindertensportklub Vorarlberg so toll unterstützen. Außerdem gibt mir mein Schützenverein die Möglichkeit, 24 Stunden am Tag 7 Tage die Woche einen Schießstand in der Halle zu nutzen, dadurch kann ich ohne Einschränkungen trainieren und die für mich optimalen Trainingszeiten nutzen.

Blindenschießen ist derzeit noch nicht paralympisch. Wie wichtig wäre, dass sich das ändert?
Das wäre meine Vision, seit ich schieße! Das Schießen hat mir wirklich geholfen, ins Leben zurückzukommen. Es ist relativ schwierig, wenn du keinen Sport oder Leute um dich hast, um aus diesem Loch zu kommen. Ich wollte deshalb den Sport weiterbringen und die Paralympics wären ein enorm wichtiger Schritt. Der Breitensport würde wirklich profitieren, weil Blindenschießen noch bekannter werden würde, das Sponsoreninteresse steigt und die Infrastruktur verbessert werden könnte. 33 Nationen werden jetzt bei 2 Weltmeisterschaften dabei sein, danach klappt es hoffentlich mit dem paralympischen Traum. Vielleicht schon 2024, aber hoffentlich sicher 2028.

2016 wird Patrick Moor zum Behindertensportler des Jahres gewählt. Foto (c) GEPA pictures/Oliver Lerch

Welchen Stellenwert hat der Faktor Zeit für dich?
Wenn ich jetzt in Sydney antrete, werde ich 50 Jahre alt sein. 2028 könnte sich also noch als Aktiver knapp ausgehen! Danach werde ich aber sicher als Funktionär weiter tätig sein um meine Erfahrung an den Nachwuchs weiterzugeben.

Technisch hat sich in den vergangen Jahren ja einiges getan, richtig?
Ja, seit 2015 gibt es die neuen Schieß-Systeme. Eines, das "VIASS Pro", habe ich entwickelt, eines die Finnen. Beide funktionieren gut, die Ergebnisse werden konstant besser und das Niveau steigt sukzessive. Die Elektronik hat sich verbessert, die bessere Auflösung der Kameras hilft ebenfalls. Dadurch können die Schützen das Gewehr noch ruhiger halten. Die menschliche Fähigkeit, die Vorteile der neuen Technik zu nutzen, kann sich aber noch steigern. Hören ist einfach etwas anderes als das Sehen, es ist nicht so exakt. Durch mehr Erfahrung und gezielteres Training mit den neuen Systemen wird die Qualität der Bewerbe aber weiter wachsen.

Du bist seit ca. 15 Jahren sehbeeinträchtigt, hast du davor schon geschossen?
Ich habe ein paar Mal zum Spaß beim Schnitzel-Schießen ganz gut abgeschnitten, aber sonst hatte ich keine Ambitionen im Schießsport. Das hat sich dann nach meiner Erkrankung der Netzhaut geändert. Gottseidank hat mich ein Kollege bekniet, zum Schießstand mitzukommen. Mein Kampfgeist wurde dann schnell geweckt und ich kann sagen: Die Sportart Schießen ist für Blinde eine der besten Rehabilitationsmöglichkeiten: Die ganzen feinmotirischen Bewegungen und Empfindungen werden perfekt trainiert. Das hilft dir im Alltag, gewisse Dinge wieder selbst zu meistern. Dann kommt das Selbstbewusstsein zurück, weil viele Sachen weiter von der Hand gehen.

Wirst du manchmal mit kuriosen Fragen konfrontiert?
Absolut! Manche Leute sagen: „Blinde schießen zu lassen, ist ja gemeingefährlich!“ Da hörst du die wildesten Sachen. Wenn ihnen man es dann aber erklärt oder – besser noch – selbst probieren lässt, werde die Vorurteile schnell beiseite geräumt.

Dann viel Erfolg in Australien, wir drücken dir die Daumen und hoffen, du kommst mit edelmetallischem Übergepäck nach Hause!
Danke, ich gebe mein Bestes!