Was ist eigentlich die Gangschule?

Unfall, Krankheit – nach einer Amputation eines oder beider Beine lernt man in den AUVA Rehabilitationszentren mit Prothesen zu gehen – und somit auch wieder Sport betreiben zu können. In der Reha-Sprache heißen diese ersten Schritte: Gangschule.

Foto (c) AUVA

Zurück ins Leben

Im AUVA Rehabilitationszentrum Weißer Hof findet jeden Tag an Vormittag und Nachmittag für eine Stunde die Therapie Gangschule statt. Mitr dabei sind Patient:innen mit einer oder zwei Beinamputationen. Ziel der Gangschule ist es, mit Hilfe der Beinprothese zu gehen - ohne Stolpern, ohne Schmerzen. Um das Beste für die Patient:innen herauszuholen, arbeiten Orthopädi:nnen sowie Physio- und Sporttherapeut:innen hier eng zusammen. Denn jede Prothese ist anders, jede Patientin und jeder Patient muss individuell und ganz gezielt unterstützt werden.

Corinna Heiss, Vorsitzende des Kompetenzgremuims Amputiertensport und seit 2014 Oberschenkelamputiert: "Die Gangschule ist essentiell und das allerwichtigste in der Reha für Menschen mit Beinamputation. Mich persönlich hat sie aus dem Rollstuhl rausgebracht. Auch habe ich mich dabei mit anderen Menschen mit Beinamputation austauschen können. Das hat mich ebenfalls zurück ins Leben geholt."

Am Gelände des RZ Weißer Hof gibt es einen Parcour, wo Patient:innen lernen über größere Pflastersteine und einen Waldboden zu gehen, mit der richtigen Technik Stiegen zu steigen oder über einen Hügel zu laufen. Fotos (c) AUVA

Schritt für Schritt zum sicheren Gehen

Was passiert alles in der Gangschule? Zu Beginn von den Orthopäd:innen eine Prothese für die Patient:innen angefertigt und angepasst. Jede Prothese wird an den Stumpf des/der Patient:in geformt. Besonders zu beachten dabei ist, ob Ober- oder Unterschenkel amputiert wurde, ob das Kniegelenk noch vorhanden ist, wie lange und wie breit das Bein war.

Sobald die Prothese sitzt, lernt der/die Patient:in mit Hilfe der Physiotherapeut:innen aufzustehen und die ersten Schritte am Barren zu gehen. Dabei können sie sich, solange sie noch unsicher auf dem angefertigten Bein sind, mit den Händen am Gelände abstützen und ein erstes Gefühl dafür bekommen mit der Prothese zu gehen.

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Ist das geschafft und kann das Gleichgewicht gehalten werden, versucht man die nächsten Schritte mit einem Hilfsmittel wie mit Krücken oder mit einem Rollator. Besondere Herausforderung dabei ist es, ohne Hilfsmittel das Gleichgewicht zu halten und die richtigen Muskeln anzuspannen. Nächste Herausforderung: Wieviel Druck muss man ausüben, damit die Beinprothese den gewünschten Schritt ausübt? Im Laufe der Rehabilitation lernt man mit Hilfe der Therapeut:innen auch über Unebenheiten und im Gelände mit der Prothese zu gehen und Hindernisse wie Stiegen oder steile Steigungen zu meistern.

Für Speerwerfer Georg Schober war die Gangschule nur ein Zwischenschritt zu seinem großem Ziel - eine Medaille bei den Paralympics. Foto (c) ÖBSV

Von der Gangschule zum Sport

Wer also sicher und schmerzfrei gehen kann, darf sich mit seiner Prothese an neue Aufgaben, etwa Sport, wagen. Wie Speerwerfer Georg Schober. Für ihn ist Sport in den verschiedensten Ausprägungen dadurch wieder in voller Intensität machbar. In seiner besten Wettkampf-Disziplin, dem Speerwurf, tritt er zwar sitzend an - ohne seine Prothese und die Mobilität, die er dadurch gewonnen hat, wäre Training und Leben nicht möglich.

Infos
AUVA - Weißer Hof
Österreichischer Amputiertenverband